Gut, es lässt sich auch die Frage stellen: wen juckt das überhaupt? … Dieses Beispiel verdeutlicht allerdings das unsichtbare Ausmaß der Einschränkungen sehr gut. Es werden ganze Industriezweige lahmgelegt, der Verkauf chemischer Stoffe wird einfach verboten. Und diese Auswirkungen werden letztendlich Millionen von Chinesen treffen.
Sichtbar ist hingegen der veränderte Pulsschlag des Straßenlebens – wo vor einem Jahr noch zahlreiche Straßenimbisse die Menschen aus den Häusern auf die Straße lockten, ist heute nur noch blanker Asphalt geblieben. Das organisierte Chaos ersetzt durch gähnende Leere. Begründung: Man lässt die Straßenimbisse nicht zu, wegen Olympia. Warum? Zu chaotisch. Zu schmuddelig. Zu unwestlich. So zumindest die Argumentationsweise der Behörden.
Doch ganz verschwunden ist das abendliche Treiben von den Straßen noch nicht. Nur eine viertel Stunde zu Fuß abseits von den glitzernden und bunt beleuchteten Wolkenkratzern in einer Gegend, in die wahrscheinlich nur wenige Touristen vordringen werden und die Taxidichte weit unter dem Pekinger Durchschnittswert liegt, dort sind sie noch zu finden. Kleine, verschmutzte, laute, aber preiswerte Fressbuden, in denen das Leben pulsiert – als hätte sich all das ursprüngliche Treiben auf den Straßen in konzentrierter Form hierhin zurückgezogen. Im Dunstkreis schwül warmer Luft rauchen sie, trinken sie, lachen und schreien sie. Hier findet sie sich wieder, die Ursprünglichkeit – fernab von dem durch Restriktionen aufgedrücktem Bild einer „Wirklichkeit“, für die viele Chinesen noch nicht bereit sind.
phil(Foto 1: Xidan Shoppingviertel: Besucher des neuen Einkaufzentrums)
(Foto 2: Wangjing Viertel nah dem Airport: niemand da am hellichten Tage)
1 Kommentar:
Hey Philipp,
klasse Artikel, bin gespannt auf mehr! super!
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